Citymarketing 4.0

Die Innenstadtentwicklung ist eng an die Entwicklungen im Einzelhandel gekoppelt: Er prägt das Bild der Innenstadt, ist Basis für ein vielfältiges öffentliches Leben und Ausgangspunkt für andere Einrichtungen und Angebote. Die Innenstadt ist ein klassischer Frequenzstandort für den Einzelhandel. Doch die Funktionen des Einzelhandels haben sich im Laufe der Zeit stark verändert: Neue Aufgaben sind dazugekommen, andere verschwunden.

Gleichzeitig ist die Konkurrenz zur Innenstadt gewachsen, da in den letzten Jahren zusätzliche Verkaufsflächen – speziell an der Peripherie – entstanden sind (Österreich liegt mit der durchschnittlichen Verkaufsflächen-Dichte von 1,85 m²/Einwohner an der Spitze in Europa / EU-Durchschnitt 1,06 m²/Einwohner). Zudem sinkt der Umsatz im stationären Einzelhandel und steigt der Umsatz im Online-Handel von Jahr zu Jahr (produktspezifisch). Manche Handelsexperten sprechen davon, dass diese Entwicklungstrends die Verkäufsflächen um ca. 15 bis 20 % reduzieren werden.

Die Zukunft der Menschheit liegt in den Städten. Laut UNO werden im Jahre 2050 mehr als drei Viertel der Weltbevölkerung in Metropolen leben – gegenüber heutigen fünfzig Prozent. Den größten Zuwachs erleben Städte mit unter einer halben Million Einwohnern. Dadurch wird sich das städtische Leben verändern (Singles, Senioren, etc.).

Im Wettbewerb der Städte werden neben den harten Standortfaktoren die weichen immer wichtiger (etwa Wohn-, Freizeit-, Aufenthalts- und Lebensqualität; Umwelt, Nachhaltigkeit, Kultur, Sicherheit, Sauberkeit, etc.). Städte konkurrieren in Zukunft über das „urban design“, über den gebauten Lebensstil. Wir haben es heute immer stärker mit inszenierten Städten zu tun, mit simulierter (und kontrollierter) Urbanität. Dies wird das städtische Leben und die Beziehung von Stadt und Konsum massiv beeinflussen. Das Konsum- und das Einkaufsverhalten werden sich verändern und dadurch auch die Sortimente und Angebote.

Thesen zur Innenstadtentwicklung

Diese Thesen beschreiben die wichtigsten Veränderungen für die Innenstadtentwicklung.

  1. Die Stadt erlebt eine Renaissance als Lebens- und Kulturform. Die „Dezentralisierung der Zentralität“ setzt sich fort, in Zukunft existieren mehrere Stadtzentren nebeneinander. Dadurch verstärkt sich der Wettbewerb um die Konsumenten. Jeder Stadtteil erhält die Möglichkeit, sich als Shopping Location zu positionieren.
  2. Das Buhlen um die Aufmerksamkeit der Konsumenten zwingt die traditionell gewachsenen Innenstädte verstärkt zur Inszenierung als Kristallisationspunkt von Einkauf, Erlebnis und Urbanität unter dem Motto „maximum kicks in minimum time“. Für den Einzelhandel bedeutet dies eine weitere Abkehr vom traditionellen Ladenlokal und eine Fokussierung auf das „Unstore Concept“ (Showrooming, etc.).
  3. Fortschreitende Individualisierung, Zerfall traditioneller Gemeinschaften und „Versingelung“ von Städten führen zu einem sozialen Vakuum. Die Menschen sehnen sich nach Nähe, Zugehörigkeit und Geborgenheit. Konsumenten suchen Orte auf, wo sie unter Menschen sind, nicht unter Kaufzwang. Es geht weniger um reines Shopping als um die Möglichkeit zum „Socialising“.
  4. Die steigende Bedeutung der Stadt als Aufenthaltsort zwingt die Innenstadt zu einer radikalen Kunden- und Serviceorientierung, und zwar zu jeder Tageszeit. Der Handel übernimmt zusätzliche Aufgaben, im Extremfall auch öffentliche Funktionen und Dienstleistungen. Das „one-stop shopping“ wird zum „one-stop urbanism“.
  5. Neue Hightech-Ökostädte deuten an, wohin die Reise geht: Das Verhältnis von Stadt und Land wird neu definiert. Die Natur dringt in den urbanen Raum vor. Die Stadt der Zukunft setzt auf Lebensqualität, Nachhaltigkeit und Ökologie. Grüne Strategien werden im Standort-wettbewerb wichtiger (Urban gardening, etc.)
  6. Dank dem technologischen Fortschritt vermischen sich reale Welten mit virtuellen sowie private Räume mit öffentlichen (also nicht „entweder-oder“ sondern „sowohl-als-auch“). Die Grenzen verschwimmen. Die urbane Shopping-Landschaft wird zu einer Spielwiese für technische Innovationen, das Handy zum City Guide und persönlichen Shopping Assistant (Digitale Einkaufsstadt).
  7. Der Mega-Trend zur Technisierung und Rationalisierung lässt den Anti-Trend „Neue Menschlichkeit“ entstehen. Je stärker diese „High-Tech-Entwicklungen“ voranschreiten, umso mehr werden die menschliche Beziehungsqualität und der „Mensch-zu-Mensch-Kontakt“ aufgewertet. Die Innenstadt als das emotionale, feminine „Wohlfühl-Wohnzimmer“ (Third place)
  8. Trend zur Polarität hat einen hybriden Konsumenten mit unterschiedlichsten Einkaufsgewohnheiten geschaffen: Heute kauft der Kunde bei Hofer/Aldi, morgen im Online-Handel, übermorgen beim Feinkostladen oder Wochenmarkt ein. Unterschiedlichste Einkaufsgewohnheiten je nach Produkt und Situation vereint in einer Person.
  9. Innenstädte haben im Gegensatz zu Einkaufszentren eine gelebte Multifunktionalität und können dadurch mehr Einkaufserlebnis vermitteln. Denn aus Kundensicht wird ein attraktives Gesamterlebnis gefordert. Die Innenstadt der Zukunft ist kein monotones Kauf- Programm, sondern ein multifunktionales 6-K-Programm: Kultur, Kulinarik, Kreativität, Komfort, Kommunikation und Kauf.
  10. Urbanität wird als positiver Wert neu entdeckt, und der Handel kann davon profitieren. Die zentrale Aufgabe des Einzelhandels ist es, das „urban design“, den inszenierten Lebensstil der Stadt, zu unterstützen: durch Architektur, Geschichten (Storytelling), Emotionen und Inszenierungen (Qualität vor Quantität!).
  11. Der Online-Einkauf bedroht vor allem großflächige Geschäfte in Einkaufszentren, wo die Verkaufsfläche in den nächsten Jahren weiter sinken dürfte. Andererseits nutzen stationäre Händler das Internet als Showroom und benötigen nur noch kleine Shops. Online-Händler beginnen, eigene Läden zu eröffnen, um ihre Waren zu präsentieren. In Deutschland betreibt schon jeder zweite der 1000 größten Online-Shops ein stationäres Geschäft – bevorzugt in Einkaufsstraßen
  12. Die demografische Entwicklung spricht für viele Innenstädte. Die Konsumenten werden in Zukunft im Schnitt älter sein als heute. Daher werden die innerstädtischen Nahversorger wie der Bäcker ums Eck, etc. an Bedeutung gewinnen.
  13. Die Parkplatzfrage, eines der Hauptmotive für Einkaufszentren, verliert zunehmend an Bedeutung. Das Mobilitätsverhalten der Jungen in der Stadt hat sich verändert, und immer weniger machen einen Führerschein. Neue Fußgängerzonen entstehen und beleben die Innenstädte.
  14. Die Einzelhändler in Einkaufszentren müssen derzeit extrem hohe Mieten zahlen. Angesichts steigender Internet-Konkurrenz und abnehmender Kundenfrequenz werden viele Händler ihre Standortstrategie neu überdenken müssen.

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